„Meine Eltern haben Angst, mit mir zu skypen, weil sie wissen, dass wir überwacht werden. So schauen wir einander nur an und sie winken ihrer kleinen Enkelin zu.“
„Ich wurde 1979 in der Sowjetunion geboren und habe den Fall des Sowjetreichs erlebt, chaotische Zeiten, Krieg, ein paar Jahre halbseidener Freiheit und ein Land, das sich in ein autokratisches Regime zurückentwickelt.
Ich war als Künstlerin erfolgreich und angesehen. Doch das Regime übernahm mehr und mehr die Kontrolle, und irgendwann griffen sie auch nach der Kunstwelt. Ich sah zu, wie meine Kollegen sich zähmen ließen und wie Katzen mit gestutzten Krallen endeten, die die geschmacklosen Sofas der neuen Propaganda nur ja nicht ruinieren würden.
Mit einem Aktivisten verheiratet zu sein, bewahrte mich davor, in dieselbe Falle zu tappen. Aber es brachte uns auch viel Ärger ein, und wir mussten nach Deutschland ziehen. Mein Bruder wurde unter falschen Anschuldigungen inhaftiert, um mich unter Druck zu setzen und meinen Mann dazu zu bringen, seine Aktivitäten zu beenden. Mein Bruder ist inzwischen wieder frei, aber er spricht seitdem nicht mehr mit mir. Manchmal skype ich mit meinen Eltern, aber sie haben Angst, weil sie wissen, dass wir überwacht werden. So schauen wir einander nur an und sie winken ihrer kleinen Enkelin zu.“
Tora Aghabayova kommt aus Baku, Aserbaidschan. Sie ist Künstlerin, deren Gemälde auf der 52. Biennale von Venedig gezeigt wurden, außerdem in Moskau, Berlin, London, Paris, Basel und Tiflis. Seit Januar 2015 lebt sie mit ihrer Tochter in Berlin. Zum Zeitpunkt der Porträtaufnahme war sie 36 Jahre alt.