Mariam Meetra

Mariam Meetra

„Ich schreibe über Frauen, die ihr Leben lang kämpfen müssen, um auch nur ihre Grundrechte geltend zu machen. In ihrem Kampf gibt es keine Gewähr für Erfolg; sie können ebenso gut dabei umkommen.“

„[...] Hört ihr meine Stimme? Es ist die Stimme einer Frau aus einem Land, von dem so viele so wenig wissen – einem Land, in dem Frau zu sein einen unaufhörlichen, unermüdlichen Kampf bedeutet. [...]

Ich war erst vier Jahre alt, als die Taliban Afghanistans Hauptstadt Kabul eroberten. Sie erschwerten die ohnehin schon schwierigen Bedingungen für Afghanistans Frauen noch weiter, indem sie ihnen programmatisch ihre Grundrechte verwehrten. Während der Talibanherrschaft wurde Frauen der ihnen zustehende Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung wie auch alle anderen Menschenrechte vorenthalten. Die Taliban verbannten Frauen aus dem öffentlichen Raum. [...] Meine Mutter, die Lehrerin gewesen war, bevor die Taliban sie von ihrem Arbeitsplatz vertrieben hatten, nahm es nicht hin, dass ihre Tochter ohne Bildung aufwachsen sollte. Dank ihrer Klugheit und ihrem Sinn für Gleichberechtigung machte sie sich auf die Suche und fand schließlich eine Untergrundschule, die von einer mutigen Frau betrieben wurde und streng geheim arbeitete. Nur eine kleine Gruppe von Mädchen besuchte diese Untergrundschule, die sich in einem Privathaus befand. Die Leiterin, die häufig Todesdrohungen erhielt, riskierte also ihr Leben dafür, die Schule zu betreiben. [...]

Emigration ist mehr als nur ein Abschied von Zuhause und vom Heimatland. Es ist eine tiefgreifende Erfahrung des Wandels, weg von der eigenen Sprache, Kultur und anderen emotionalen wie intellektuellen Bindungen, hin zu einer Geografie und Kultur, die einem nicht vertraut sind, sodass man mit allem neu anfangen muss. [...] Wie ein Baum wird man entwurzelt, aus seinem Boden, seinem Teil der Erde, gerissen und versucht, sich in einem anderen Boden, einem anderen Teil der Erde neu zu verwurzeln, versucht mit aller Kraft, wieder zu ergrünen ... und dabei ist es ebenso gut möglich, dass man vertrocknet.

Es tut mir wohl, euch an meinen Erfahrungen teilhaben zu lassen. Geschichten wie diese sollten so oft geschrieben und gelesen werden, dass all die Not und der Kampf von Frauen in Ländern wie Afghanistan nicht in Vergessenheit geraten.“

Mariam Meetra kommt aus Afghanistan und studierte Journalistik und PR in Kabul. Sie ist Schriftstellerin, Mitglied des afghanischen PEN, Frauenrechtsaktivistin und lebt seit 2015 in Berlin. Zum zeitpunkt der Porträtaufnahme war sie 25 Jahre alt.

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